aus: Erfahrungsheilkunde, Heft 5/16. Erschienen am 17. Oktober 2016
von Britta Knoll, Deutsche Gesellschaft für Mesotherapie (DGM)
In der Dermatologie werden zur Behandlung von Hauterkrankungen Medikamente typischerweise lokal verabreicht. Die Anwendung direkt an bzw. auf der erkrankten Hautpartie schont die übrige, gesunde Haut, ermöglicht mit geringeren Mengen an Wirkstoffen auszukommen und verhindert weitestgehend systemische Nebenwirkungen auf den Organismus. Deshalb lassen sich in der topischen Therapie (Topos = griech. Ort) auch Medikamente mit schweren Nebenwirkungen wie z.B. entzündungshemmende Glukokortikoide ohne gravierende Folgen einsetzen, soweit dies nur vorübergehend und unter ärztlicher Aufsicht erfolgt.
Eine besondere Form der topischen Therapie stellt die Mesotherapie dar, die auf Glukokortikoide ganz verzichtet. Entwickelt wurde sie vom französischen Arzt Michel Pistor (1924 – 2003) in den 1950er Jahren. In Frankreich wird sie an Hochschulen unterrichtet, in Deutschland wird sie bereits bei vielen Indikationen eingesetzt und erfreut sich zunehmender Beliebtheit.
In der Mesotherapie werden Medikamente und Wirkstoffe immer lokal, direkt am Ort der Beschwerde, verabreicht. Zum Einsatz kommen Allopathika, Homöopathika, Phytopharmaka, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Die Substanzen sind überwiegend auf natürlicher Basis und gut verträglich. Mehr als 4 Substanzen werden üblicherweise nicht zusammengemischt. Ein Lokalanästhetikum dient zusätzlich als Trägerlösung. Die Anwendung erfolgt über besonders kurze und feine Kanülen, meist als Injektionen von nur wenigen Millimetern Tiefe in die Haut. Ein besonderer Schliff der Kanülen sorgt für einen schmerzarmen Einstich. Je nach Indikation (z.B. Neurodermitis, Psoriasis) kann die Wirkstoffmischung aber auch in Form der epidermalen Ziehtechnik appliziert werden. Hierbei wird mit der Kanüle vorsichtig über die Haut gezogen, die die austretende Wirkstoffmischung dann resorbiert.
Mesotherapie kombiniert klassische Medizin mit naturheilkundlichen Verfahren und ist Erfahrungsheilkunde im eigentlichen Wortsinn, weil die zu verwendenden Medikamente und Wirkstoffe erst vor der Behandlung individuell zusammengestellt und gemischt werden, abhängig von der jeweiligen Indikation und dem Bedürfnis des Patienten. Die Behandlung direkt vor Ort ermöglicht mit geringsten Mengen auszukommen. Da diese weder in den enterohepatischen noch in den Blutkreislauf gelangen, verursacht die Mesotherapie keine systemischen Nebenwirkungen, gilt als sehr schonend und kann deshalb auch bei Kindern (z.B. bei Neurodermitis) problemlos angewandt werden.
Je nach Indikation zeigen sich Heilerfolge oft schon nach der ersten Behandlung, so dass die Mesotherapie insgesamt nur selten angewendet werden muss.
Als heilkundliches Verfahren darf die Mesotherapie nur von Ärzten und Heilpraktikern angewandt werden.
Mit 3 Begriffen lässt sich somit das Prinzip der Mesotherapie zusammenfassen:
wenig, selten und am richtigen Ort. Gemeint ist damit, dass in der Mesotherapie bereits minimale Mengen an Medikamenten und Wirkstoffen ihre Wirkung entfalten, lang anhaltende Effekte oft mit wenigen Sitzungen erzielt werden und jeweils nur der erkrankte Bereich behandelt wird, wodurch im Sinne der topischen Therapie systemische Nebenwirkungen verhindert.
Die Mesotherapie findet keineswegs nur Anwendung in der Dermatologie, etwa bei Hauterkrankungen, Durchblutungs- und Wundheilungsproblemen (z.B. Ulcus cruris, Dekubitus), sondern deckt ein weites Feld an Indikationen ab.
Dazu gehören z.B. rheumatische Erkrankungen (z.B. Arthrosen), Sportverletzungen und Überlastungsschäden (z.B. Sehnenscheidenentzündungen), Abwehrschwächen (z.B. chronische Harnwegsinfekte), Stress, Erschöpfungszustände, Schlafstörungen, Kopfschmerzen (z.B. Gesichtsneuralgien) und Migräne, gynäkologische Beschwerden (z.B. Dysmenorrhoe) sowie Erkrankungen des Zahnfleisches oder des Zahnhalteapparates. Mesotherapie kann Altersichtigkeit und Alterschwerhörigkeit lindern sowie zur Rauchentwöhnung beitragen.
Für den präventiven Einsatz der Mesotherapie werden stark verdünnte, unspezifische Vakzine als Mikrovakzination an bestimmten Akupunktur- und Reaktionspunkten in die Haut injiziert. So kann sie bei Atemwegsinfekten, Pollenallergie, Asthma und auch Virusinfektionen wie Herpes simplex oder Herpes zoster helfen.
In der ästhetischen Medizin findet die Mesotherapie dort Anwendung, wo operative Eingriffe (noch) nicht angezeigt sind. So spenden spezifische Vitamine, natürliche, unvernetzte Hyaluronsäure und Antioxidantien der Haut Feuchtigkeit, regen die Neubildung von Kollagen und elastischen Fasern an und lassen so altersbedingte Fältchen verschwinden und die Haut jünger aussehen (Mesolift).
Kleinste Mengen an Botulinumtoxin helfen gegen mimische Falten und einen verspannten Gesichtsausdruck, ohne dabei die natürliche Ausdruckskraft des Gesichts zu beeinflussen (Mesobotox).
Beim androgenen Haarausfall hat sich ein Revitalisierungsmix aus Dexpanthenol, Biotin, Coenzym Q10, Thymusextrakt oder speziellen pflanzlichen Wirkstoff-Komplexen bewährt – soweit noch vitale Haarwurzeln vorliegen. Der Haarausfall wird verlangsamt, die Haarqualität verbessert und ein erneutes und anhaltendes Wachstum gefördert (Mesohair).
Neurodermitis zählt zum atopischen Formenkreis. Betroffene besitzen eine genetisch bedingte Bereitschaft, an den Schleimhäuten der Atemwege und des Verdauungstrakts sowie an der Haut allergisch zu reagieren (Typ-I-Allergie). Deshalb leiden über ein Drittel der Neurodermitiker zusätzlich an Asthma bronchiale und knapp die Hälfte an einer allergischen Rhinitis.
Neurodermitis (auch atopisches Ekzem, atopische Dermatitis) ist die häufigste chronische Hauterkrankung bei Kindern und zeigt sich bereits ab dem 3. Lebensmonat (Milchschorf). In einem Drittel der Fälle heilen die Symptome früh ab, bei einem weiteren Drittel schwinden sie bis zur Pubertät. Nur bei bis zu 5 % der Betroffenen bleibt die Neurodermitis auch im Erwachsenenalter bestehen (Beugenekzem). Auch kann die Erkrankung erst im Erwachsenenalter auftreten.
Die in Schüben verlaufende Neurodermitis zeigt sich v.a. in Form stark juckender Ekzeme bei allgemein trockener Haut. Durch einen Mangel an Fillagrin, das für den Verhornungsprozess notwendig ist, und den Ceramiden, die die Haut vor Austrocknung schützen, ist die Barriere der Haut und deren mikrobielle Besiedelung gestört, während die Zahl der Entzündungszellen dauerhaft erhöht ist. Das erleichtert die Besiedlung mit bestimmten Bakterien (z.B. Staphylococcus aureus), Viren und Pilzen, was sich wiederum auf die Schübe und Ekzeme selbst auswirkt.
Wann die Schübe auftreten, hängt u.a. von Provokationsfaktoren ab, die von Patient zu Patient unterschiedlich sind. Zu ihnen zählen mechanische Reize, psychische Faktoren, Umweltfaktoren, Infekte, Impfungen, Tierhaare und –federn, Nahrungsmittel und Klima. Auch falsche Hautpflege kann Schübe und Ekzeme begünstigen.
Die klassische Behandlung erfolgt in 4 Stufen, abhängig von der Schwere der Symptome.
Grundsätzlich gilt es, individuelle Provokationsfaktoren zu meiden, über eine regelmäßige Basistherapie mit Glycerin- oder harnstoffhaltigen Cremes die Haut fett und feucht zu halten und in der Akutphase die auftretenden Ekzeme mit entzündungshemmenden Glukokortikoiden oder Calcineurinhemmern zu bekämpfen.
Letztgenannte Behandlung kann als sog. proaktive Therapie auch nach einer Akutphase für einige Zeit fortgesetzt werden.
Medikamente und Wirkstoffe werden nicht in Form von Salben oder Tinkturen appliziert, sondern mithilfe von Kanülen verabreicht. Die Arzneimittel werden jedoch nicht in die Haut injiziert, sondern, wie eingangs erläutert, mit der Kanüle vorsichtig über die Haut gezogen (epidermale Ziehtechnik), die die austretende Wirkstoffmischung dann resorbiert.
Zum Einsatz kommen vorwiegend naturheilkundliche bzw. homöopathische Wirkstoffe. Eingesetzt werden folgende Produkte in folgender Dosierung verwendet:
Die Behandlung erfolgt anfangs alle 14 Tage, nach 2-3 Sitzungen sollte sich eine Besserung zeigen. Wiederholungen erfolgen nach Bedarf. Bei schweren Formen der Neurodermitis empfiehlt sich zusätzlich eine Serie intramuskulärer Injektionen mit Horvitrigon forte (1-mal/Woche, insgesamt 6-10 Behandlungen).
Begleitet wird die Mesotherapie durch eine vorwiegend naturheilkundliche Behandlung, je nach Stufe bzw. Schweregrad:
Schuppenflechte tritt häufig zwischen Pubertät und etwa dem 25. Lebensjahr erstmals auf, kann sich aber auch erst zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr zeigen. Psoriasis wird multifaktoriell vererbt, d.h., neben der genetischen Veranlagung müssen zusätzliche Umweltfaktoren auftreten, damit die Erkrankung ausbricht. Zu diesen Triggern zählen physikalische Reize, Umweltfaktoren, Stress und körperliche Belastungen, aber auch Übergewicht, hormonelle Störungen, Infektionen, spezifische Medikamente (z.B.: ACE-Hemmer, Chloroquin) und Alkohol. Bei der Psoriasis ist aufgrund von Entzündungsfaktoren der Zellzyklus der Keratinozyten gestört, die im Stratum basale (Basalzellschicht) gebildet werden und an die Hautoberfläche wandern, wo sie als abgestorbene Korneozyten das Stratum corneum (Hornzellschicht) bilden, das die Haut schützt. Üblicherweise dauert dieser Zyklus knapp 4 Wochen, bei Patienten mit Psoriasis nur 4-5 Tage, was zur Bildung der Schuppen auf stark durchbluteten Hautarealen führt und Juckreiz auslöst.
Charakteristisch sind die silbrig glänzenden Schuppen oder Plaques auf roten, oft umsäumten Flecken. Je nach Lokalisation der Schuppen wird zwischen Psoriasis geographica, palmaris et plantaris, punctata, pustulosa und vulgaris unterschieden, zudem gibt es noch Sonderformen. Bei durchschnittlich jedem 5. Patienten zeigt sich die Psoriasis in Kombination mit einer Arthritis (Psoriasis arthropatica oder Arthritis psoriatica). Psoriasis kann einmalig auftreten oder chronisch persistieren, bei etwa 25% der Patienten heilt sie auch spontan wieder ab.
Die unterschiedlichen Ausprägungen der Psoriasis erfordern eine individuelle Behandlung der Symptome, wobei auch hier vorwiegend topisch vorgegangen wird, die betroffenen Hautareale werden also direkt behandelt.
Auch bei der mesotherpeutischen Behandlung der Psoriasis wird nicht in die Haut injiziert, sondern mit der Kanüle vorsichtig über die Haut gezogen (epidermale Ziehtechnik), damit die austretende Wirkstoffmischung dann resorbiert werden kann.
Es kommen hier vorwiegend pflanzliche und orthomolekulare Wirkstoffe zum Einsatz und zwar folgende Produkte in folgender Dosierung:
Die Behandlung erfolgt alle 14 Tage, eine Besserung sollte sich hier nach 2-3 Sitzungen zeigen. Bei Bedarf werden die Behandlungen wiederholt.
Praxis
Aufgrund seiner guten Verträglichkeit und seinen antientzündlichen Wirkstoffen kann alternierend zu den oben beschriebenen Produkten auch der Purifying Cocktail von Toskani einzeln eingesetzt werden. Er enthält Arctium lappa, Salbei, Weiße Taubnessel, Dexpanthenol, Glykosaminoglykane, Methionin und Kamillenauszüge (Azulen).
Auch in der Behandlung der Neurodermitis lässt sich Purifying Cocktail einsetzen.
Akne zählt zu den chronischen inflammatorischen Hauterkrankungen, auch wenn sie bei ca. 60 Prozent der Betroffenen nur als physiologische Akne während der Pubertät auftritt, die in Eigenmedikation mit rezeptfreien Mitteln topisch behandelt wird. Akne kann sehr unterschiedliche Ausprägungen haben und in verschiedenen Schweregraden auftreten. In 40 Prozent der Fälle ist sie klinisch schwergradig (entzündliche Akne), bedarf also ärztlicher Behandlung. Dabei spielt die familiäre Disposition eine große Rolle. Äußere Faktoren wie Rauchen, übermäßiger Süßigkeitenverzehr, aber auch Leistungssport und androgene Hormone fördern die Akne. Unter Umständen kann der Zeitpunkt der Expression deutlich später liegen. So zeigt sich beispielsweise, dass Frauen, die ab der Geschlechtsreife die Pille nehmen und diese wegen Kinderwunsch im dritten Lebensjahrzehnt wieder absetzen, dann häufig Akne (Acne tarda) und Seborrhö bekommen.
Der typische Verlauf weist 3 Phasen auf, anfangs nehmen klassische Symptome wie Pickel und Mitesser über einen gewissen Zeitraum hin zu, dem folgt eine konstante Phase mit einzelnen expressiven Spitzen, bis die Akne mit ihren Hauterscheinungen mit Ende 20, Anfang 30 wieder ausklingt.
Akne entsteht, wenn der zyklische Prozess im Talgdrüsenfollikel unterbrochen wird und daraus eine follikuläre Entzündung entsteht. Es kommt zu einer übermäßigen Vermehrung des follikulären Epithels, was zur Bildung von Mikrokomedonen (Mikromitesser) führt. Dabei spielen Androgene (DHEA-S) eine wesentliche Rolle, die die Talgproduktion und das Talgdrüsenvolumen deutlich ansteigen lassen.
Leichte Formen der klinischen Akte werden mit topischen Medikamenten behandelt, bei schweren Formen kommen systemische Medikamente hinzu, die oral verabreicht werden.
Die medikamentöse Behandlung der Akne kann durch Lasertherapie, photodynamische Therapie und Blau- und Blau-Rot-Licht-Bestrahlung wirksam ergänzt werden.
Bei der Behandlung der Akne wird in der Mesotherapie zwischen der juvenilen und der Acne tarda nur in Hinblick auf das Mischverhältnis bzw. auf die Dosierung unterschieden. Zur Anwendung kommen folgende Produkte:
Die Anwendung erfolgt mittels elektronischem Injektionsgerät (z.B. Pistor 5 oder Eliance) flächendeckend in die Haut (epidermale Nappage Technik) in einem Abstand von jeweils 2 Wochen. Eitrige Pickel sind selbstverständlich auszusparen, um eine Keimverschleppung zu vermeiden. Eine Besserung sollte sich nach 2-3 Behandlungen zeigen. Bei Bedarf kann die Behandlung jederzeit wiederholt werden. Sonnenstrahlen sollten nach einer Behandlung mit Mikroinjektionen grundsätzlich gemieden werden, um unerwünschte Pigmentierungen zu vermeiden. Ein Pflegeprodukt mit hohem Lichtschutzfaktor ist auch hier zur Prävention der Hautalterung zu empfehlen.
Eingesunkene oder ästhetisch störende Akne-Narben lassen sich mit HA- und NCPR-2-prozentigem Mix oder einem leichten HA-Filler, z.B. Teoxane RHA 1 („resilient hyaluronic acid“) mittels einer Luer-Lock-Spritze und einer feinen Mesorelle Nadel 0,26x4 mm (31G) behandeln. Dazu wird direkt in die Akne-Narben injiziert.
Zum Abschluss der Behandlung kann im Gesicht eine Post-Treatment Algen-Maske aufgelegt werden, ansonsten Postopyl zur sicheren Wundheilung bzw. Exfoliac (ggf. getönt) zur Abdeckung, beides von Noreva, auftragen.
Adjuvante, homöopathische Komplexmittel, z.B. Cutis compositum (Heel), Aletris Komplex, Hamamelis Komplex und Zincum Komplex (alle von North), und bei Vernarbungen Wiedemann Homöokomplex BH sind individuelle Möglichkeiten, mit denen homöopathisch orientierte Therapeuten arbeiten können.
Literatur
[1] Gollnick HP, Zouboulis CC: Not all acne is acne vulgaris. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 301–12. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0301
[2] Knoll B. Bildatlas der ästhetischen Mesotherapie - Wirkstoffe | Dosierung | Anwendung. KVM 2010
[3] Knoll B, Sattler G. Mesotherapie in der Ästhetik. Berlin: KVM; 2010
[4] Kreuzberger U. Die Mesotherapie: Das neue Heilverfahren bei akuten und chronischen Beschwerden. München: Knauer; 2015
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Haug Verlags, Stuttgart.